Kultur-Tipp
Entdeckung eines Kontinents
Afrikanische Literaturen (Open Books 2024 3/3)
OPEN BOOKS ist ein Lesefest der Stadt Frankfurt zur Buchmesse in Kooperation mit Verlagen und Buchhandlungen. Dies wird bei der Veranstaltung des 17. Oktober 2024 in der Katharinenkirche besonders deutlich. Am Eingang werden die Bücher zum Thema des Abends zum Kauf angeboten und auf dem Podium kommen zwei Verlegerinnen afrikanischer Literaturen mit dem Publikum ins Gespräch.
Venice Trommer vom InterKontinental Verlag aus Berlin und die Verlegerin des Leipziger Akono Verlages Jona Elisa Krützfeld sind Botschafterinnen für einen im literarischen Deutschland weitgehend unbeachteten Erdteil. Mit einem breiten Spektrum an Themen und Genres umfasst der Kontinent viele Literaturen aus über fünfzig Ländern. Und der Büchermarkt ist durch die bis heute nachwirkenden Kolonialmächte geprägt. Die Bücher werden zu 60% in englischer Sprache, zu 35% in französischer Sprache und zu 5% in portugiesischer Sprache geschrieben; nur der Rest entfällt auf afrikanische Sprachen. Das Programm der beiden Verlage entsteht auf verschiedenen Wegen. Der Akono Verlag setzt etwa zur Hälfte seines Angebotes auf Titel in afrikanischen Sprachen, die vorher teils nur online publiziert wurden. Der InterKontinental Verlag kauft seine Titel im Original oder über Großbritannien bzw. Frankreich ein. Zusätzlich nutzt er sein durch den Verlag, den Berliner Buchladen und das 'African Book Festival' verbundene Netzwerk zur Akquise neuer Bücher. Im Kontakt mit dem Publikum und den Instanzen der Vermittlung erscheint Afrika als unbekannter bzw. in Vergessenheit geratener Kontinent. Entgegen den vielfältigen historischen und aktuellen Verflechtungen wird Afrika heutzutage häufig auf 'ein Land' reduziert. Durch das Angebot der beiden Verlage sollen die vorhandenen Berührungsängste abgebaut werden; es braucht keine speziellen Kenntnisse zur Lektüre dieser Bücher.
Wie es bei der vorangegangenen Lesung aus den Briefwechseln schon angeklungen ist, wird auch am Abend die Unterstützung von Autor*innen durch Stipendien, Preise und Lesereisen betont. Und beispielhaft werden die Auskünfte zur Infrastruktur der Verlage durch kurze Lesungen aus dem jeweiligen Verlagsprogramm unterbrochen. In dem Roman 'Die erste Frau' von Jennifer Nansubuga Makumbi werden die Einsichten einer Jugendlichen in Uganda zu einer Gabe, die im Laufe der Geschichte selten geworden ist – weil "mutige Frauen zu viel für die Welt waren". Der Roman Vertraulichkeiten von Max Lobe reflektiert den Unabhängigkeitskrieg in Kamerun 1955. Heute sind die "Vorkommnisse" tabu; aber ist es schon "Zeit zu Vergessen und sich in den Armen zu liegen"? Der Lagos-Thriller 'Zügel der Macht' von Leye Adenle rund um das Thema Sexarbeit ist, so heißt es, ein Spiel mit Perspektiven und den Erwartungen der Lesenden. Ein Text aus dem Band mit afrikanischen 'Geschichten über das Lieben und Begehren' Was mittwochs war, und freitags schließt die Lesungen ab. Die in Uganda geborene Autorin Mildred Kiconco Barya lebt inzwischen in North Carolina. Ihre Kurzgeschichte beschreibt ein Wiedersehen auf der Farm der Eltern. Für die junge Frau wird es ein Ankommen zu Hause. Erzählt werden die Unterhaltungen bis zum Schlafengehen. Auch wir werden mit diesen Gedanken in die Nacht entlassen.
Im locker besetzten Kirchenraum gibt es an diesem Abend schnell eine entspannte Atmosphäre auch für das Gespräch mit dem Publikum. Anders als bei den vorangegangenen Veranstaltungen im Haus am Dom hatte das Publikum für seine Fragen oder fachlichen Einwürfe einen angemessenen Raum. Damit hat sich die Katharinenkirche als Veranstaltungsort für Kulturangebote an der Hauptwache in Frankfurt am Main wieder einmal bewährt. (jk)